Jürgen Libbert

Robert Brojer – Musiker und Pädagoge

Robert Brojer wurde am 17. April 1919 im oberschlesischen Reichwaldau (heute polnisch Rzeszówek) geboren, wuchs aber in Wien auf, wo sein Vater Josef Brojer Polizeibeamter war. Als die Mutter fünf Jahre später starb, heiratete Brojers Vater erneut, und Robert konnte bald die Jugendzeit mit seiner Halbschwester Trude verbringen. Josef Brojer war ein begabter Musikliebhaber, der mehrere Instrumente spielte. Deshalb begann auch Sohn Robert neben dem Besuch der Volks- und Hauptschule in Wien-Hietzing im Alter von sieben Jahren mit dem Violinspiel, und schon bald wurde im Hause Brojer regelmäßig gemeinsam musiziert und Kammermusik gepflegt. Das Gitarrespiel der jungen Luise Walker beeindruckte Brojers Vater dermaßen, dass nicht nur er selber Gitarreunterricht bei Karl Prusik an der Volkshochschule Urania nahm, sondern auch seinen Sohn das Gitarrespiel lernen ließ. Nach Abschluss seiner Pflichtschulzeit 1933 musste Brojer aber aus finanziellen Gründen eine Tischlerlehre absolvieren, die er 1937 erfolgreich abschloss, ohne sein Instrumentalspiel aufgegeben zu haben. Im Januar 1940 wurde er zum Militärdienst eingezogen und war in Norwegen und Russland als Funker im Einsatz.

Als Brojer 1946 krankheitsbedingt aus russischer Gefangenschaft entlassen wurde, wandte er sich sofort ganz der Musikerausbildung zu und wurde Hauptfachstudent bei Karl Scheit an der Wiener Musikakademie. Durch die Kriegsfolgen invalide und deshalb am Konzertieren behindert, konzentrierte er sich intensiv auf die Praxis des Instrumentalunterrichtes. Während des Studiums war er bereits als Privatlehrer aktiv und wurde in der Saison 1948/49 als Gitarrist an das Wiener Volkstheater engagiert. Außerdem spielte er als aktives Mitglied in der von Karl Scheit gegründeten “Arbeitsgemeinschaft der Freunde und Schüler der Schule Scheit”. 1949 beendete er sein Studium bei Scheit mit der Staatlichen Lehrbefähigungsprüfung, dem er sofort ein Violinstudium anfügte, das Brojer 1951 mit derselben Qualifikation abschloss.

Seit 1949 wohnte Brojer, inzwischen verheiratet, in Klosterneuburg bei Wien, wo das Ehepaar Brojer-Mahler im September 1951 eine Musikschule eröffnete. 1952 und 1953 bestritten ihre Schüler zwei öffentliche Abschlusskonzerte mit großem Erfolg, worüber sich Karl Scheit als Berichterstatter für die “Klosterneuburger Nachrichten” mit sehr belobigenden Formulierungen ausließ. Zum 1. September 1953 erhielt Robert Brojer auf Empfehlung von Scheit eine Festanstellung als Lehrer für Violine und Gitarre an den Musiklehranstalten der Stadt Wien in der neu eingerichteten Zweigschule “Jedlesee” in Floridsdorf. 1961 übernahm er zusätzlich das Hauptfach Gitarre am Konservatorium der Stadt Wien, wo er seine herausragenden pädagogischen Fähigkeiten in den Aufbau einer bald renommierten Gitarreklasse einbrachte. Die aus diesem Institut seit 1965 hervorgegangenen Absolventen wurden später an zahlreichen Musikschulen in Wien und Umgebung als Lehrer(innen) tätig, einige sogar an Musikhochschulen in Österreich und in Deutschland. Im Jahre 1967 entfiel Brojers Teilverpflichtung an der Zweigschule “Jedlesee”; und im selben Jahr erhielt er vom Österreichischen Bundesministerium für Unterricht den Professorentitel als Anerkennung für seine Verdienste als erfolgreicher Pädagoge sowie als Herausgeber von Noten.

Seit 1970 leitete Prof. Brojer auch noch einwöchige Sommerlehrgänge für “Gitarrelehrer und Nachwuchskräfte, sowie Anfänger mit Vorkenntnissen” im organisatorischen Rahmen des “Internationalen Arbeitskreises für Musik” in Kassel. Diese Veranstaltungen, zunächst in Passau bzw. Ortenburg, ab 1981 in Benediktbeuern in Obb., die Brojer einen enormen Zulauf bescherten und die seinen Namen weit bekannt machten, hat er bis kurz vor seinem Tode beibehalten.

Neben seiner pädagogischen Arbeit befasste sich Robert Brojer seit 1954 mit der Herausgabe von Noten für und mit Gitarre in verschiedenen Verlagen. Die ersten Continuo-Ausgaben erschienen im Heinrich Hohler-Verlag in Landsberg/Lech. Ab . 1957 gab er in Zusammenarbeit mit Scheit in der Reihe “Gitarre-Kammermusik” bei Doblinger in Wien Continuo-Sätze zum Druck, insgesamt 15 Ausgaben. Seit Anfang 1972 war der Musikalienverlag Hermann Schneider in Wien der Hauptverleger für Brojers Kammermusik, Tabulaturübertragungen, Bearbeitungen, seine methodischen Unterrichtswerke sowie für seine wenigen Eigenkompositionen. Insgesamt kamen hier an die 150 Arbeiten zum Druck. Ab 1976 ergaben sich Kontakte zum Schott-Verlag nach Mainz, in dessen “Gitarre-Archiv” vier Hefte unter Brojers Namen erschienen sind, seit 1980 sind noch vier Editionen im Verlag Bommer/Miesbach-Obb. erschienen, darunter Brojers Vertonung von vier Gedichten Peter Roseggers, die 1968 anlässlich des 50. Todestages des Dichters entstanden sind, sowie Bachs Sonate BWV 1001.

Als sein Hauptwerk bezeichnete Robert Brojer selber sein 1973 erschienenes pädagogisches Handbuch “Der Weg zur Gitarre – Technik und Methode”, das drei Auflagen erlebte. Darin hat Brojer seine Vorstellungen des praktischen Gitarrespiels auf der Basis seiner jahrzehntelangen Unterrichtserfahrungen anschaulich und exakt dokumentiert.

Im Jahre 1980 musste Prof. Brojer aus gesundheitlichen Gründen in Pension gehen. Zu seinem 65. Geburtstag haben seine Familie sowie ehemalige Studenten im Figaro-Saal des Palais Palffy in Wien am 1. April 1984 einen Festakt mit Konzert und Laudatio organisiert. Es war das letzte gemeinsame Treffen; seine Krankheit ließ Brojer nicht mehr viel Zeit. Völlig unerwartet und von Vielen tief bedauert verstarb Prof. Robert Brojer am 10. Januar 1987 im 68. Lebensjahr in Klosterneuburg, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.

 

Literatur:

Robert Brojer: Der Weg zur Gitarre. Wien/Kassel: Cura/Bärenreiter 1973.

Jürgen Libbert: Robert Brojer 1919 – 1987. Nekrolog und Laudatio, in: Zs. Zupfmusikmagazin, Reutlingen, 40. Jg. 1987, Nr. 2, S. 47 – 50.

– drslb.: “Die Gitarre ist doch das schönste Instrument…” Erinnerungen an Robert Brojer, meinen Lehrer, in Zs. musikblatt, Göttingen, 14. Jg. 1987, H. 2, S. 18 – 19.

– drslb.: Die Wiener Gitarristik -Erinnerungen an Robert Brojer und seine Zeit, Regensburg 2013.

Wieland Ulrichs: “Sö schpuin wü a Wuiltsau!” – Wie ich zu Robert Brojer kam, in: Zs. musikblatt, Göttingen, 14. Jg. 1987, H. 2, S. 20.

Heide M. Engelbogen: Der Weg zu Robert Brojer. Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister artium. Graz: Hochschule für Musik und darstellende Kunst 1997.

Margareta Stangelberger: Robert Brojer – Der Pädagoge. Diplomarbeit aus IGP II. Wien: Universität für Musik und darstellende Kunst 2000.

Nachruf von Heinz Irmler

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.